Im Burgers’ Zoo leben Kattas, die in freier Wildbahn in den Trockenwäldern Südmadagaskars beheimatet sind. Dort ernähren sie sich hauptsächlich von Blättern, Früchten, Stängeln oder Insekten. Neben Raubvögeln und Schlangen sind Fossas, die größte Raubtierart Madagaskars, ihre gefährlichsten Feinde. In Arnheim lebt eine Gruppe von acht Kattas zusammen mit drei Mohrenmakis in einem Gehege. Alle sind männliche Tiere. Bei den Kattas sind die Weibchen die Anführer – Männchen haben nicht viel zu sagen. In der Wildnis halten sich Männchen darum immer etwas abseits einer Gruppe Weibchen auf. Sie sind somit kein fester Teil einer Gruppe, die aus Weibchen mit ihren Jungen besteht. Die weiblichen Tiere können den Männchen gegenüber sehr dominant sein. Wirklich wichtig und sozial eingebunden sind die Männchen lediglich während der Fortpflanzungszeit. Doch diese läuft in der Gruppe synchron ab und ist sehr kurz, da die Weibchen nur ein bis zwei Tage im Jahr fruchtbar sind. Weil Männchen vor Beginn der Paarungszeit sehr aggressiv miteinander umgehen, werden Kattas in Tierparks, die die Tierart züchten wollen, meist in Form eines Harems gehalten. Die übrigen Männchen werden in Tierparks in Gruppen gehalten, die ausschließlich aus männlichen Tieren bestehen. Ohne Weibchen in der Nähe sind diese Junggesellen sehr friedliche Artgenossen.
Claudia arbeitet als Tierpflegerin bereits seit 17 Jahren mit Lemuren. Sie machte erste Erfahrungen als Wochenendaushilfe im Burgers’ Zoo und arbeitete anschließend in Vollzeit als Tierpflegerin im Zoo Parc Overloon und Safaripark Beekse Bergen. Seit Kurzem ist sie wieder zurück im Burgers’ Zoo. „Im Safaripark Beekse Bergen habe ich mich sowohl um eine gemischte Gruppe (Männchen und Weibchen) als auch um eine Gruppe männlicher Kattas gekümmert“, erzählt Claudia. „Bei den Kattas ist es wichtig, die Tiere zu zählen, wenn man sie abends reinholt, damit nicht eines versehentlich im Außengehege bleibt. Wir beobachten aber vor allem das Verhalten: Sind alle Lemuren aktiv oder verlieren einige Tiere den Anschluss an die Gruppe? Springen und laufen sie ohne Probleme, oder hinken sie? Wie ist der Zustand ihres Fells und haben sie eine feuchte Nase? Halbaffen haben im Gegensatz zu (Menschen-)Affen immer eine feuchte Nase, wenn sie in guter Verfassung sind. Das alles sind Dinge, auf die wir genau achten, wenn wir Lemuren beobachten.“
Masterstudent Tom Ballermans von der Universität Wageningen untersuchte 2021 mehrere Monate lang, wie die Dominanz (Hierarchie) in der Junggesellengruppe unserer Kattas geregelt ist und wie sich dieses Verhalten möglicherweise auf das Wohlbefinden der einzelnen Individuen auswirkt. Normalerweise sind die Weibchen die dominanten Tiere. Wie aber entwickelt sich Dominanz in einer rein männlichen Gruppe? Tom hat nach Dominanzverhalten geschaut und untersucht, welche Freundschaften zwischen den Tieren bestehen. Welche Tiere verbringen die meiste Zeit miteinander, wenn die fressen, schlafen oder sich lausen? In unserem Zoo kristallisierten sich eine Dreiergruppe und eine Zweiergruppe Kattas heraus. Zusätzlich gab es drei Tiere, die oft alleine unterwegs waren, sich aber manchmal der Zweiergruppe anschlossen. Es war zu beobachten, dass kein Tier alleine war. Die einzelnen Tiere wurden in den Untergruppen akzeptiert und zeigten freundschaftliches Verhalten. Regelmäßig wurde auch der Kontakt zu den drei Mohrenmakis gesucht.
Wir fragen Claudia, wie das Dominanzverhalten bei Kattas aussieht. „In freier Wildbahn tragen männliche Kattas sogenannte Stinkkämpfe aus, wenn sie um ein Weibchen buhlen. Sie besitzen Duftdrüsen an den Handgelenken, mit denen sie ihren Schwanz einreiben. Der Geruch wird zu den Rivalen hinübergewedelt, die dies mit dem gleichen Verhalten erwidern. In männlichen Gruppen in Tierparks habe ich selbst noch nie solche Stinkkämpfe gesehen, vermutlich, weil hier keine Weibchen anwesend sind, um die man sich streiten muss. Es sind eher subtilere Verhaltensweisen, in denen sich Dominanz äußert, wie beispielsweise das Anlegen der Ohren, der fixierte Blick auf ein bestimmtes Tier oder in eine bestimmte Richtung oder das Einreiben des Schwanzes. Oft reicht dieses Verhalten schon aus, sodass die Tiere nicht mit ihren Schwänzen wedeln müssen. Bevor es so weit kommt, gibt die unterlegene Partei auf. Das Tier, das nachgibt, hat in diesem Fall den Dominanzstreit verloren.“
Wenn es morgens noch kühl ist, sieht man oft, wie die Kattas ihren Bauch in die Sonne halten und die Arme ausbreiten. Auch in freier Wildbahn legen sie ein solches Verhalten an den Tag, wenn die Nächte in Madagaskar kalt sind. Was ist außerdem noch charakteristisch für Kattas? „Sie sind verrückt nach süßer Nahrung – je süßer, desto besser. Doch die Tierpfleger müssen darauf achten, dass sie nicht zu viel süße Früchte verfüttern, denn Kattas neigen zu Übergewicht, wenn sie zu viele Kalorien zu sich nehmen. Handelsübliches Obst wird für den menschlichen Verzehr gezüchtet und enthält viel mehr Zucker als Früchte aus der Natur“, erklärt Claudia. „Außerdem hört man regelmäßig die Laute der Kattas. Sie benutzen eine ganze Palette verschiedener Töne, um miteinander zu kommunizieren. Ihren Namen ‚Katta‘ verdanken sie dem leisen miauenden Laut, den sie häufig von sich geben: Dieser dient vor allem der Kontaktaufnahme und -pflege unter Artgenossen. Sie machen auch grunzende Geräusche, wenn sie zum Beispiel neues Futter bekommen, dem sie noch nicht trauen.“
Was macht die Pflege von Kattas so besonders? „Kattas sind charismatische Tiere. Sie sind neugierig und oft sehr aktiv. Ich persönlich finde es interessant, dass sie nicht so aussehen wie typische Affen. Ihr Verhalten und ihre Laute machen die Kattas für Tierpfleger zu faszinierenden Tieren.“ Neben der Waldrodung, die auf Madagaskar in rasendem Tempo fortschreitet, weist Claudia auf eine weitere Bedrohung hin: „Viele Kattas verschwinden leider aufgrund des illegalen Handels. Vor allem in Amerika und Asien werden die Tiere bedauerlicherweise oft als Haustiere gehalten, obwohl sie dafür überhaupt nicht geeignet sind.“ Für wild lebende Kattas kommt eine weitere, ganz anders gelagerte Bedrohung hinzu: vom Menschen gepflanzte Weißkopfmimosen. Diese Bäume kommen ursprünglich nicht in Madagaskar vor, doch Kattas fressen die Blätter und Früchte und werden dadurch krank. In Gebieten, in denen wilde Kattas leben, wird nun verzweifelt versucht, die Bäume restlos zu entfernen.
Zum Schluss weist Claudia noch auf die nützliche Verwendung des Schwanzes hin, der bei einem erwachsenen Tier gewöhnlich 13 bis 14 weiße und ebenso viele schwarze Ringe aufweist. „Der Schwanz hat verschiedene Funktionen. Wir haben bereits über die Stinkkämpfe gesprochen. Außerdem sorgt der aufgerichtete Schwanz im hohen Gras dafür, dass Gruppenmitglieder sich nicht aus den Augen verlieren. Wenn sie sich ausruhen, legen sie den Schwanz wie einen Schal um ihren Hals. Das hält warm und schützt gegen mögliche Angriffe von Raubvögeln. Diese versuchen, ein Beutetier am Hals zu packen, doch erwischen dann nur den Schwanz. Oft sieht man eine Gruppe Kattas eng beieinanderliegend schlafen. Das erinnert an eine große Kugel. Falls sie dann durch eine Fossa oder einen anderen Feind aufgeweckt werden, wird dieser Räuber unvermittelt von circa 15 Paar Augen angestarrt, was eine einschüchternde Wirkung haben kann.“
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