Eine Meerjungfrau ist ein mythisches Mischwesen. Sie hat den Oberkörper einer Frau und statt Beinen einen Fischschwanz. Häufig sagen Meerjungfrauen eine böse Zukunft voraus oder sie locken mit ihrem bezaubernden Gesang Männer in den Tod durch Ertrinken. Meerjungfrauen werden oft mit grüner Haut, grünen Zähnen und blondem Haar dargestellt. Als Zeichen ihrer Eitelkeit halten sie manchmal einen Spiegel in der Hand. Trotz ihres lieblichen Aussehens sind Meerjungfrauen meist grausam und blutrünstig.
Meerjungfrauen sind dem breiten Publikum heute vor allem durch das bekannte Märchen „Die kleine Meerjungfrau“ des dänischen Schriftstellers Hans Christian Andersen bekannt (erstmals 1837 veröffentlicht). Als diese kleine Meerjungfrau fünfzehn Jahr alt war, sah sie, wie ein schöner Prinz Schiffbruch erlitt, und rettete ihn vor dem Ertrinken, indem sie ihn zu einer Insel brachte. Im Tausch für ihre Zunge und ihre schöne Stimme gab ihr eine Meereshexe Beine, damit sie gehen konnte. Wenn der Prinz sich in sie verlieben und sie heiraten würde, sollte sie eine Seele bekommen. Gelänge dies nicht, würde sie sterben. Der Kern dieser Geschichte hat Walt Disney zu dem erfolgreichen Zeichentrickfilm „Arielle, die Meerjungfrau“ inspiriert.
In der griechischen Mythologie waren die Sirenen ursprünglich halb Vogel und halb Frau. Sie waren schön und verführerisch, aber sehr grausam. Auf einer Insel vor der Küste von Sorrent warteten sie auf vorbeifahrende Schiffe. Mit ihrem wunderschönen Gesang lockten sie Seefahrer zu sich heran, wo ein grauenvoller Tod auf sie wartete. Die Felsen der Insel waren übersäht mit menschlichen Knochen und Schädeln. Als Odysseus auf seiner Reise an dieser Insel vorbeifuhr, forderte er seine Männer auf, sich die Ohren mit Wachs zu verschließen und ihn selbst am Mast festzubinden. Was auch geschähe und wie sehr er auch flehen würde, seine Leute durften ihn auf keinen Fall losbinden, bis das Schiff die Sirenen weit hinter sich gelassen hatte. Die Sirenen waren so wütend und enttäuscht, dass Odysseus ihnen entwischt war, dass sie sich ins Meer warfen. Dort nahm ihr Unterleib die Gestalt eines Fisches an, während der Oberkörper weiblich blieb.
Seefahrer haben möglicherweise Seekühe mit Meerjungfrauen verwechselt. Kolumbus glaubte 1493, Meerjungfrauen vor der amerikanischen Küste entdeckt zu haben und schrieb darüber in seinem Tagebuch, aber es handelte sich höchstwahrscheinlich um Seekühe.
Niederländische Seefahrer berichteten, dass 1712 vor der Küste von Ambon das sogenannte burunesische Seeweib gefangen wurde. Es heißt, diese Meerjungfrau habe noch vier Tage und sieben Stunden in einem Zuber überlebt, nachdem man sie aus dem Meer gefischt hatte.
In den Niederlanden selbst erzählte man sich die Geschichte über die Meerjungfrau von Edam (auch als Meerjungfrau von Haarlem bekannt). Sie soll 1403 nach einem schweren Sturm im damaligen Purmermeer, einem Binnensee, bei Edam gefangen worden sein. Sie wurde nach Haarlem gebracht, lernte dort spinnen und erhielt nach ihrem Tod ein christliches Begräbnis. Auch in der niederländischen Stadt Muiden gab es eine Legende über eine Meerjungfrau, die von Fischern gefangen und wieder frei gelassen wurde.
Seeleute, die aus Europa um das Kap in Richtung Indischer Ozean segelten, fielen immer wieder listigen Händlern zum Opfer, die ihnen für viel Geld angebliche Leichen von Meerjungfrauen verkauften. Zu Hause angekommen entpuppten sich die sterblichen Überreste der Meerjungfrauen häufig als Affenkörper, die man geschickt an die Schwänze von großen Fischen genäht hatte.