Den meisten Quellen zufolge haben Harpyien den Oberkörper und das abstoßende Gesicht einer ausgemergelten Frau sowie die Flügel und Krallen eines großen Aasgeiers. Ständig umwabert sie ein ekelerregender Geruch nach Tod und Verwesung. Die Harpyien treten immer im Zusammenhang mit Katastrophen auf. Sie tragen Namen wie Aello (Sturmwind), Kelaino (die Dunkle) und Okypete (die Schnellflügelige). Sie bringen Stürme mit sich und plündern Äcker und Felder, denn ihr Hunger scheint unstillbar zu sein. Der Name „Harpyien“ bedeutet „Räuberinnen“. Sie verursachen Hungersnöte und verbreiten Tod und Verderben. Ursprünglich waren die Harpyien sehr schöne, geflügelte Frauen, aber schon bald wurden sie zu den oben beschriebenen widerwärtigen Ungeheuern.
Die Harpyien sind die Töchter des Meeresgottes Thaumas und der Okeanide Elektra. Sie sind mit den Sirenen, den Töchtern des Phorkys, verwandt, der ein Bruder des Thaumas ist. In einer anderen Version der Geschichte heißt es, die Sirenen seien die Töchter des Flussgottes Acheloos. Auch in diesem Fall sind sie jedoch mit den Harpyien verwandt, denn Acheloos ist wiederum ein Bruder von Elektra. Den Erzählungen zufolge wohnen die Harpyien in einer Höhle auf Kreta und verwüsten von dort aus das gesamte griechische Festland bis in die nördlich gelegene Region Thrakien. Andere Quellen nennen die Vorhalle des Hades (der Unterwelt) als Wohnort der Harpyien. Hier sollen sie über die spiegelglatte Oberfläche des Flusses Styx gleiten und die Seelen der Verstorbenen – die der alte Fährmann Charon gegen einen Obolus (eine griechische Münze) über den Styx gefahren hat – unter lautem Kreischen in die tiefe Dunkelheit des Hades jagen. So oder so ist es ein düsterer Ort, an dem die Harpyien zu Hause sind. Und möglicherweise sind sie hierher geflohen, nachdem sie von Jason und seinen Argonauten aus Thrakien verjagt wurden (siehe die nachfolgende Geschichte über König Phineus). In anderen Quellen bringen Harpyien auch die Seelen von Überlebenden in den Hades.
Eines bösen Tages fielen die Harpyien in Salmydessos in Thrakien ein, wo sie alle Pflanzen auf den Äckern vernichteten und eine Hungersnot auslösten. Der König des Landes war der blinde Phineus. Gerüchten zufolge war seine Blindheit eine Strafe der Götter, denn er war ein Seher und soll einmal ein göttliches Geheimnis verraten haben. Die Harpyien machten Phineus das Leben zur Hölle. Immer, wenn seine Diener ihm seine köstlichen Mahlzeiten servierten, drangen die Harpyien kreischend in den Palastsaal ein und griffen sich das Essen mit ihren Krallen. Speisen, die sie nicht an sich rissen, beschmutzten sie mit ihren stinkenden Exkrementen. Eines guten Tages jedoch besuchten Jason und die Argonauten – eine Gruppe griechischer Helden, die auf dem Weg in die abgelegene Stadt Kolchis an der östlichen Schwarzmeerküste waren, um sich das Goldene Vlies zu holen – Phineus, um seinen weisen Rat als Sehender einzuholen. So stießen die Harpyien, als sie zu ihrem täglichen Angriff auf die Mahlzeit des Königs ansetzen wollten, auf eine Gruppe starker Männer, die keine Angst vor ihnen hatten. Mit Speeren und Schwertern jagten die Helden die Harpyien fort und befreiten den armen König Phineus von dieser Plage. Der Erzählung nach zogen sich die Harpyien in ihre Höhle auf Kreta zurück und ließen fortan die Menschheit für immer in Ruhe.
Diese berüchtigten Kreaturen der griechischen Mythologie haben auch die Namensgeber für ein Wesen aus der Tierwelt inspiriert. Die Harpyie (Harpia harpyja) ist ein Raubvogel aus der Familie der Habichtartigen und gehört zu den größten Greifvögeln der Erde. Die Harpyie kommt in großen Teilen Südamerikas, Mittelamerikas und sogar im Süden Mexikos vor.
Im Niederländischen wird der Begriff Harpyie („harpij“) auch für eine herrschsüchtige, boshafte Frau verwendet, etwa im Sinne von „Drachen“, „Biest“ oder „Xanthippe“.
Der Mantikor ist ein Fabeltier aus der persischen Mythologie. Der Name dieses gefürchteten Ungeheuer…
Greifen haben den Kopf oder Oberkörper eines Adlers und den Unterleib eines Löwen. Damit symbolisier…
15 Februar 2025
Eine Meerjungfrau ist ein mythisches Mischwesen. Sie hat den Oberkörper einer Frau und statt Beinen…
6 Februar 2025