Vermutlich gibt es kaum eine Branche, in der die Zusammenarbeit intensiver ist als in der internationalen Welt der Tierparks. Moderne Zoos haben jede Woche mit etwa 25 anderen nationalen und internationalen Tiergärten Kontakt. Um Zuchtprogramme für bedrohte Tierarten professionell umsetzen zu können, finden alljährlich zahlreiche Tiertransporte von einem zum anderen Zoo statt. Dabei stellen sich interessante und oftmals komplexe Herausforderungen. Die Zoobesucher bekommen nur einen Bruchteil dessen mit, was vor und hinter den Kulissen geregelt werden muss, damit die Tiere möglichst artgerecht gehalten werden können. In einer wöchentlichen Kolumne berichtet Zoosprecher Bas Lukkenaar den Lesern von den vielfältigen Aufgaben des Arnheimer Tierparks Koninklijke Burgers’ Zoo.
Im Burgers’ Zoo verfolgen wir das Ziel, die Tiere weitestgehend so zu halten, wie es ihrem natürlichen Lebensraum entspricht. Basierend auf diesem Grundgedanken versuchen wir, den physischen Kontakt zwischen Mensch und Tier auf ein Minimum zu begrenzen. Eine Zähmung der Tiere ist ganz und gar unerwünscht. Es widerspricht unserem Konzept, Tieren Kunststücke beizubringen, die sie im Tausch für Belohnungen vorführen. Es gibt jedoch Situationen, in denen wir diesbezüglich vor einem Dilemma stehen. Und zwar immer dann, wenn sich das Tierwohl deutlich verbessern lässt, indem wir einem Tier bestimmte Verhaltensweisen antrainieren.
Obwohl Elefanten unglaublich starke und imposante Tiere sind, sind sie überraschend verletzlich. So sind die Ohren der intelligenten Säugetiere sehr empfindlich, und auch die Elefantenfüße können Probleme bereiten. Wie groß ein Elefantengehege in einem Tierpark auch angelegt wird, in freier Wildbahn gehen die Tiere täglich viel größere Strecken. Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass ein Elefant in der Natur zwischen 1,6 und 6,4 Kilometer pro Tag zurücklegt.
Das geschieht hauptsächlich aus purer Notwendigkeit. Elefanten sind gute Esser, noch dazu mit einer sehr ineffizienten Verdauung. In ihrem natürlichen Lebensraum sind sie fast den ganzen Tag auf den Beinen, um Nahrung zu suchen, und müssen dabei zwangsläufig viele Kilometer laufen. In Tierparks genießen sie die Luxussituation, dass ihnen hochwertiges, frisches Futter auf dem Präsentierteller serviert wird.
Tierparks bieten dieses Futter durchaus auf kreative Art und Weise an – und oft über mehrere Zeitpunkte am Tag verteilt –, sodass die Tiere auch hier einen Großteil des Tages mit dem Sammeln und Fressen ihrer Nahrung beschäftigt sind. Aber wie man es auch dreht und wendet, in einem Zoo sind die zurückgelegten Entfernungen deutlich geringer als in freier Wildbahn. Das hat den Nachteil, dass sich die Nägel der Elefanten im Zoo nicht schnell genug abschleifen. Tierparks bieten Elefanten deshalb Unterstützung auf diesem Gebiet.
In einem Tierpark kommt der Fußpflege, insbesondere den Nägeln und Fußsohlen der Elefanten, besondere Aufmerksamkeit zu. Ungefähr dreimal pro Woche werden Elefantenfüße gewaschen und Steinchen zwischen den Nagelhäuten sowie an den Fußsohlen entfernt. Die Nägel werden regelmäßig gefeilt. Auf diese Weise beugen die Tierpfleger Problemen wie Entzündungen oder eingewachsenen Nägeln vor. Elefanten sind zwar schwere und starke Tiere, und jedes Jahr ereignen weltweit immer noch tödliche Unfälle mit Elefanten in Tierparks, aber Elefanten sind von Natur aus sehr friedlich. Allerdings können sie ihre beachtlichen Kräfte nicht richtig einschätzen und haben zudem noch ein ausgezeichnetes Langzeitgedächtnis. Ein Tierpfleger, der ohne Schutz arbeitet, läuft Gefahr, aus Versehen zwischen dem Tier und einer Wand eingequetscht zu werden. Ein guter Vergleich ist ein rückwärtsfahrender LKW, der einen zufällig vorbeigehenden Fußgänger übersieht … Oder ein Tierpfleger hat bei einer früheren Gelegenheit dem Tierarzt assistiert, als dieser dem Elefanten eine Impfung verabreichen musste. Natürlich geschah dies nur zu seinem Besten, aber das Tier erinnert sich lediglich an den Stich, den er in Anwesenheit des Tierpflegers erlitten hat und denkt sich: „Heute zahle ich es dir heim!“
Wie diese Beispiele zeigen, ist es wichtig, bei der Arbeit mit den grauen Riesen auf Sicherheit zu achten. Es wird immer ein solider Zaun zwischen Mensch und Tier gezogen, wenn die Elefantenfüße gepflegt werden. Gleichzeitig ist ein Verhaltenstraining unverzichtbar. Der Elefant lernt – ausschließlich auf der Grundlage von Belohnungen, Strafen kommen nicht in Betracht –, dass er ein leckeres Stück Apfel bekommt, wenn er seinen Fuß auf ein Kommando des Tierpflegers hin auf einen Querbalken stellt, wo der Tierpfleger diesen waschen und feilen kann.
Der Tierpfleger verwendet bei diesem Training einen Stock, an dessen Ende sich ein sogenanntes „Target“ befindet: ein weicher Kunststoffball. Wenn er ein spezielles Kommando erteilt und anschließend mit dem Target auf eine konkrete Stelle tippt, weiß der Elefant, was von ihm erwartet wird. Zwar ist dies kein natürliches Verhalten, aber dem steht gegenüber, dass wir viel für die Gesundheit des Tieres tun können, wenn wir seine Füße optimal pflegen. Zudem finden die Trainings im Stall (hinter den Kulissen) statt und dienen ausschließlich dem Wohl des Elefanten, nicht zur Vorbereitung einer Show vor Publikum. Ein schöner Nebeneffekt ist, dass die intelligenten Säugetiere ziemlich neugierig sind und gerne Neues ausprobieren. Und zu guter Letzt wissen die grauen Dickhäuter auch die Äpfel als leckere Zwischenmahlzeit sehr zu schätzen!