Blaue Morphofalter sind wunderschöne Erscheinungen, die bei den meisten Besuchern Bewunderung und Staunen hervorrufen. Es sind tropische Schmetterlinge, die in der Natur von Mexiko bis ins nördliche Südamerika vorkommen. Schmetterlinge sind mit über 160.000 Arten eine äußerst artenreiche Gruppe. Blaue Morphofalter gehören zu einer Familie von Schmetterlingsarten, die auf nur vier Beinen laufen. Die beiden vorderen Beine sind verkümmert. Sie sind viel kürzer und borstiger und werden hauptsächlich zum Putzen der Augen und des Kopfes eingesetzt (daher der Name „Putzpfoten“). Ein Blauer Morphofalter wird als erwachsener Schmetterling etwa drei Wochen alt, verbringt aber den größten Teil seines Lebens als Raupe, sodass seine gesamte Lebensdauer drei Monate umfasst.
Joeri ist einer der Tierpfleger, die sich um diese Edelfalter kümmern: „Wir haben etwa 20 Schmetterlingsarten in unserem Ökodisplay Mangrove und einer davon ist der Blaue Morphofalter. Viele Schmetterlingsarten bevorzugen ganz bestimmte Wirtspflanzen. Eine Wirtspflanze ist in dem Fall eine Pflanze, auf der diese Schmetterlingsart ihre Eier ablegt und von der sich die Raupen ernähren. Beim Blauen Morphofalter handelt es sich hauptsächlich um Pflanzen aus der Familie der Erythrina, auch Korallenbäume genannt. Bananenfalter haben wiederum eine Vorliebe für Bananenpflanzen als Wirtspflanzen.“
Joeri und seine Kollegen bieten den etwa 20 Schmetterlingsarten in der Mangrove die Wirtspflanzen in großen Pflanzenkübeln an. Nach einiger Zeit werden die Pflanzen jeweils gegen frische Exemplare ausgetauscht, die hinter den Kulissen gewachsen sind. Der Grund dafür ist, dass die Wirtspflanzen anhand verschiedener Signale irgendwann bemerken, dass sie von Raupen angefressen werden. Zum Beispiel durch Substanzen im Kot der Raupen, die auf den Boden fallen und von den Pflanzenwurzeln aufgenommen werden. Die Wirtspflanzen produzieren daraufhin Abwehrstoffe, damit die Blätter für die Raupen weniger schmackhaft werden. Auf diese Weise soll ihr Fressverhalten gebremst werden. Wenn die angefressenen Pflanzen aus der Halle hinter die Kulissen gebracht werden, entfernen die Tierpfleger die oberste Erdschicht und ersetzen sie durch eine neue, frische Lage, die keinen Raupenkot enthält. Die Pflanzen stellen infolgedessen die Produktion der Abwehrstoffe wieder ein und können sich nun in Ruhe erholen.
Wo haben Joeri und seine Kollegen gelernt, wie man diese Schmetterlinge pflegt? „Wir Tierpfleger aus der Mangrove haben eine spezielle, mehrtägige Schulung bei Papiliorama in der Schweiz erhalten. Papiliorama ist der Schmetterlingspark, mit dem der Burgers’ Zoo seit über 30 Jahren erfolgreich ein Naturschutzgebiet in Belize verwaltet. In der Schweiz haben wir gelernt, wie man sich um die Schmetterlinge kümmert und wie man z.B. Puppen klebt.“ Puppen kleben? „Die Schmetterlinge in der Mangrove vermehren sich auf natürliche Weise. Zusätzlich erhalten wir aber auch wöchentlich eine Lieferung neuer Schmetterlingspuppen von nachhaltig arbeitenden Schmetterlingsfarmen, vor allem aus Costa Rica, aber auch aus Belize. Einmal pro Woche treffen also neue Puppen ein, die wir an spezielle Stäbe kleben und in den sogenannten Puppenschrank hängen, wo sie ungestört schlüpfen können. Zweimal am Tag – morgens und abends – lassen wir die frisch geschlüpften Schmetterlinge in der Halle frei. Übrigens haben wir auch in der Corona-Zeit weiterhin Schmetterlingspuppen bezogen, obwohl wir im Zoo keine Besucher empfangen durften, die die Schmetterlinge hätten bewundern können. Wir haben auf diese Weise die Schmetterlingsfarmen in den Tropen unterstützt und dort Arbeitsplätze erhalten.“
Was ist das Besondere an der Pflege von Schmetterlingen? „Die verschiedenen Schmetterlingsarten benötigen oft sehr unterschiedliche Arten von Nahrung. Die Blauen Morphofalter und auch die Bananenfalter ernähren sich hauptsächlich von faulenden Früchten (laut Fachliteratur auch von Baumsäften und Exkrementen). Die Passionsblumenfalter hingegen trinken Nektar aus Blüten.“ Joeri erwähnt noch einen weiteren bemerkenswerten Aspekt: „Interessant finde ich auch, dass die Raupen der verschiedenen Schmetterlingsarten im Aussehen sehr unterschiedlich sind. Und selbst die Raupen einer einzigen Schmetterlingsart verändern sich im Laufe ihres Lebenszyklus: Jüngere Raupen sehen oft ganz anders aus als ältere Raupen derselben Art. Die jungen Raupen des Blauen Morphofalters haben zum Beispiel grelle Farben, was den Anschein erwecken soll, dass sie giftig sind. In diesem Lebensstadium sieht man sie tatsächlich – deutlich sichtbar – auf Blättern liegen. Je älter diese Raupen werden, desto brauner werden sie, und in diesem Stadium findet man sie auf braunen Stämmen, wo sie gut getarnt sind. In den verschiedenen Lebensstadien wissen die Raupen genau, wo sie sich aufhalten müssen. Faszinierend, dass eine Raupe das genau zu wissen scheint.“
Worauf achten Joeri und seine Kollegen besonders, wenn sie sich um die Schmetterlinge kümmern? „Das sind alle möglichen wichtigen Details: Wir haben beispielsweise ein Auge darauf, was die Pflanzen an Fraßschäden verkraften können. Neulich haben sich die Bananenfalter eine kleine Palme ausgesucht, um ihre Eier abzulegen. Wir haben darauf geachtet, dass die Palme nicht eingeht, weil sie von einer Flut von Raupen heimgesucht wird. Wir setzen in so einem Fall einen Teil der Raupen auf eine andere Wirtspflanze um. Oder wir behalten im Blick, wo sich die Raupen des Zebrafalters aufhalten. Diese Schmetterlingsart aus der Gattung der Passionsblumenfalter ist kannibalistisch und kann auch Raupen anderer Passionsblumenfalter fressen. Das sind wichtige Details, die wir aufmerksam überwachen, damit das Gleichgewicht gewahrt bleibt.“
Joeri erzählt von einem weiteren Beispiel, nämlich wie der Puppenschrank vor Ameisen geschützt wird, indem der gesamte Schrank in einen Behälter mit Wasser gestellt wird. Auf diese Weise können die Ameisen den Schrank nicht erreichen. Darüber hinaus ist der Inhalt des Schranks – die an den Stäben befestigten Puppen – von den Wänden des Schranks völlig getrennt. Falls also doch einmal Ameisen in den Schrank gelangen würden, kämen sie trotzdem nicht an die empfindlichen Puppen heran. „Der Puppenschrank hat sein eigenes Klima: Es ist dort ein bisschen wärmer und feuchter als im Rest der Halle. Das ist wichtig, damit sich die Schmetterlingspuppen gut entwickeln. Wenn neue Puppen eintreffen, werden sie hinter den Kulissen in Empfang genommen. Wir packen sie bewusst dort aus, damit keine Parasiten, die möglicherweise mit ihnen gereist sind, in die Halle gelangen. Erst wenn alle eingetroffenen Puppen sorgfältig geprüft worden sind, werden sie in den Puppenschrank gehängt.“
Wie füttern Joeri und seine Kollegen den Blauen Morphofalter? „Wie schon gesagt ernähren sich Blaue Morphofalter hauptsächlich von verrottendem Obst. Zweimal pro Woche bekommen sie einen Futterbehälter mit Banane, Mango und Orange – gelegentlich auch eine Kiwi oder eine Passionsfrucht. Wir legen immer ein oder zwei Stücke weitgehend verfaulter Früchte aus der Vorwoche in diesen Behälter, um den Verrottungsprozess der frischen Früchte zu beschleunigen und weil die Schmetterlinge die frischen Früchte nicht fressen können. Zudem hängen wir auch Bananen in die Bäume, die wir einschneiden: Die Schmetterlinge trinken den Saft der faulenden Bananen als Nahrung.“ Es dürfte deutlich geworden sein, dass die Pflege von Blauen Morphofaltern als Fachdisziplin bezeichnet werden darf, denn die Tierpfleger müssen zahlreiche Details beachten, damit diese Schmetterlinge gut gedeihen.