Für eine Reihe von Tierarten bestehen Auswilderungsprojekte: Projekte, bei denen Tiere, die in Zoos geboren wurden, unter der Aufsicht eines Biologen-Teams wieder in freier Wildbahn angesiedelt werden. In dieser Artikelserie haben wir bereits einige Praxisbeispiele für erfolgreiche Wiederansiedlungsprojekte vorgestellt. Zudem haben wir dargelegt, dass häufig erst einmal Bedrohungen unterschiedlicher Art aus dem Weg geräumt werden müssen, bevor ein Wiederansiedlungsprojekt überhaupt Aussichten auf Erfolg hat. In diesem Artikel soll es darum gehen, wie wir unser Wissen und unsere Erfahrung direkt und indirekt einsetzen, um bestehende Korallenriffe in freier Wildbahn zu restaurieren. Wir teilen dafür unser Know-how über die erfolgreiche Zucht von Korallen und die Ergebnisse unserer Forschung mit Experten auf internationaler Ebene. Anhand verschiedener Beispiele beleuchten wir in dieser Ausgabe die Vorreiterrolle unseres Zoos in Zusammenarbeit mit einer Reihe führender öffentlicher Aquarien weltweit.
Zunächst einmal ist der pädagogische Wert des lebenden Korallenriffs in Burgers’ Ocean von großem Wert, um Besucher für die Schönheit und Zerbrechlichkeit der tropischen Korallenriffe zu sensibilisieren. Wenn unsere Gäste die Vielfältigkeit des Korallenriffs selbst erlebt haben, begreifen sie viel unmittelbarer, welche dramatischen Schäden beispielsweise Dynamitfischerei oder die Einleitung von Giftstoffen an solchen Riffen anrichten können. Darüber hinaus stellt der globale Klimawandel ein großes Problem für die Korallenriffe dar. An manchen Riffen ist bereits mehr als die Hälfte der Korallen abgestorben. Die Botschaft, dass wir die Korallenriffe in freier Wildbahn schützen und erhalten müssen, wird durch die beeindruckende, persönliche Begegnung mit der farbenfrohen Unterwasserwelt besonders eindringlich. Wir lieben, was wir kennen! Das macht Burgers’ Ocean zu einem wichtigen Botschafter für alle tropischen Korallenriffe auf unserem Planeten.
Der Burgers’ Zoo hat ein außergewöhnlich großes Korallenriff-Aquarium, selbst im weltweiten Vergleich (nur Townsville in Australien und San Francisco in den USA haben größere Korallenriffe in Aquarien), zumal das Korallenriff-Aquarium in Arnheim weit vom Meer (kein natürliches Meerwasser als Grundlage) und von den Tropen (kein natürliches Sonnenlicht in der erforderlichen Menge) entfernt ist. Das bedeutet, dass wir wirklich lernen müssen, wie Ökologie, Biologie und Chemie in einem Riff zusammenwirken. Wir arbeiten mit verschiedenen Hochschulen zusammen, um diese Prozesse immer besser zu verstehen. Gleichzeitig bildet unser Riff für niederländische, deutsche und englische Universitäten eine Art „Zuchtgarten“, der ihnen zur Materialsammlung dient. Für sie gibt es mit Burgers’ Ocean ein Riff, das im Gegensatz zu den Korallenriffen der Ozeane quasi um die Ecke liegt, sodass sehr spezifische Fragen beantwortet werden können. Dies hat zu Dutzenden von wissenschaftlichen Artikeln geführt. Und genau dieser Wissenszuwachs ist für ein besseres Verständnis der natürlichen Riffe von immenser Bedeutung.
Darüber hinaus gibt es im Arnheimer Riff viele aquarienspezifische Prozesse, die in der Natur normalerweise nicht vorkommen, aber wichtige Erkenntnisse zulassen. Ein gutes Beispiel dafür ist die Tatsache, dass das Wachstum von Korallen dem Wasser Kalzium entzieht. Im Aquarium müssen wir dieses Element hinzugeben, da sonst der Kalziumspiegel so stark absinkt, dass die Korallen nicht mehr wachsen. In der Natur stellt sich dieses Problem nicht, denn hier sind sie von einem riesigen Ozean umgeben. Ein weiteres Beispiel ist die „Versauerung“, die in Aquarien recht schnell entsteht, aber aufgrund von CO2-Emissionen auch in der Natur immer häufiger vorkommt. So lässt sich eine Parallele ziehen zwischen unserem Riff und dem vermutlichen Zustand der Natur in soundso viel Jahren. Wie wirken sich diese Faktoren auf die Korallen aus? Wie reagiert das Leben auf einen so niedrigen pH-Wert? Wir wollen in den kommenden Jahren verstärkt Forschung zu diesen Fragen betreiben.
Der Burgers’ Zoo nimmt bereits seit Langem an verschiedenen Forschungsprojekten teil, die zum Wissen über die Haltung und Zucht von Korallen beitragen und Erkenntnisse darüber liefern sollen, wie Korallenriffe besser geschützt und sogar wiederhergestellt werden können:
1) Kürzlich hat zum Beispiel das Start-up-Unternehmen Reefy aus Delft im tropischen Korallenriff von Burgers’ Ocean zu Materialien geforscht, die nicht nur zur Restaurierung von Korallenriffen verwendet werden sollen, sondern sogar die Grundlage für neue Korallenriffe bilden könnten. Die Mitglieder des Reefy-Teams studieren Küsteningenieurwesen und interessieren sich einerseits für die immense Artenvielfalt der Korallenriffe sowie andererseits für ihre Schutzfunktion für die dahinterliegende Küste. Korallenriffe fungieren auf natürliche Weise als „Stoßdämpfer“ gegen tropische Wirbelstürme und verhindern in vielen Fällen große Schäden, die diese an der Küste verursachen können. Die Materialien, die Reefy entwickelt hat, bilden sozusagen künstliche Bausteine als Grundlage eines Korallenriffs. Alle Arten von Organismen können sich in und auf diesen Materialien ansiedeln, die ihrerseits ebenfalls tropischen Stürmen standhalten können. Diese Materialien und Techniken können bei der Instandsetzung beschädigter Riffe eine wichtige Rolle spielen, aber auch die Basis für ein neues Korallenriff bilden, das sich auf natürliche Weise weiterentwickeln kann. Reefy hat seine praktischen Untersuchungen zur Wirkung dieser Materialien im Korallenriff des Burgers’ Zoo und im Oceanium des Tierparks Diergaarde Blijdorp durchgeführt.
Reefys Projekt
2) Der Burgers’ Zoo befasst sich seit Jahren intensiv mit der Korallenzucht und forscht zu den vielen Korallenarten am Arnheimer Riff. Diese Forschungstätigkeit führte zu dem CORALZOO-Projekt, in dem mehrere führende öffentliche Aquarien mit Hochschulen und anderen wissenschaftlichen Einrichtungen weltweit zusammenarbeiten. Aus diesem Projekt sind in Kooperation mit den Hochschulen zahlreiche Publikationen hervorgegangen und weitere gemeinsame Studien ins Leben gerufen worden. All dieses Wissen und Know-how ist wichtig für die Wiederherstellung von Korallenriffen in freier Wildbahn.
3) Mit einem weiteren Forschungsbereich, dem sehr innovativen Coral-ID-Projekt, versuchen wir, unseren Korallenbestand möglichst genau zu erfassen und zu identifizieren. Dazu gehört, dass wir von jeder einzelnen Koralle Detailfotos anfertigen, die wir in eine internationale Datenbank einstellen. Diese soll als Grundlage für ein System zur automatischen Erkennung von Korallen dienen, welches die Bestandsaufnahme von Korallenriffen in freier Wildbahn hoffentlich vereinfachen wird.
4) Gemeinsam mit dem Zoo Diergaarde Blijdorp haben wir in der Anfangsphase eines Projekts namens Secore (Sexual Coral Reproduction) mitgewirkt, das vom Rotterdamer Zoo initiiert worden war. Im Rahmen dieses Forschungsprojekts wurden Korallenlarven aus Japan in die Niederlande gebracht und zu Versuchszwecken in Burgers’ Ocean angesiedelt. Verschiedene Larven sind inzwischen zu beachtlichen Korallenkolonien herangewachsen!
5) Der Kurator von Burgers’ Ocean, Max Janse, ist Vorsitzender der TAG (Taxon Advisory Group) für Plattenkiemer (auch Elasmobranchii oder Hai- und Rochenartige genannt), die sich dem Management verschiedener riffbewohnender Arten widmet. In dieser TAG ist die Mitarbeit an Naturschutzprojekten in freier Wildbahn inzwischen sehr weit fortgeschritten.
6) Der Burgers’ Zoo ist des Weiteren Mitglied der EAZA Coral TAG, der Taxon Advisory Group für Korallen in europäischen Zoos.
7) Der erste internationale Kongress für Korallenexperten in öffentlichen Aquarien wurde im Burgers’ Zoo veranstaltet und führte mit dem Tagungsband „Advances in coral husbandry in public aquaria“ zu einem Standardwerk auf diesem Gebiet.
8) Max Janse ist Vorstandsmitglied im World Coral Conservatory. Ziel dieses Konsortiums ist es, eine Art Arche Noah für alle bekannten und existierenden Korallenarten in öffentlichen Aquarien zu schaffen und dabei das Wissen und die Erfahrung von Korallenexperten zu nutzen. Dazu wird in den öffentlichen Aquarien geforscht, um die gewonnenen Erkenntnisse bei Korallenwiederherstellungsprojekten auf der ganzen Welt einzusetzen.
Da die öffentlichen Aquarien, Universitäten und Korallenexperten aus wissenschaftlichen Einrichtungen international immer enger zusammenarbeiten, wächst das Wissen über Korallen exponentiell. An verschiedenen Orten der Welt wird dieses Wissen bereits genutzt, um geschädigte Korallenriffe erfolgreich wiederherzustellen und bessere Schutzmaßnahmen zu etablieren. Das ist eine Entwicklung, die der Burgers’ Zoo selbstverständlich sehr gerne unterstützt!
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