Der Burgers’ Zoo ist für seine Ökodisplays bekannt: natürlich gestaltete Lebensräume, in denen Tiere oft in großer Freiheit, teils inmitten von Tausenden Pflanzen, leben und Besucher dieses Habitat aus nächster Nähe erleben können. In einem Ökodisplay wird ein spezifisches Ökosystem so naturgetreu wie möglich imitiert. Aber was heißt das in der Praxis nun konkret? Was sind die besonderen Merkmale eines solchen Ökodisplays? Worüber haben sich Biologen und Zoodesigner bei der Konzeption Gedanken gemacht? Und welche Herausforderungen gilt es zu bewältigen? In dieser Reihe möchten wir anhand einiger Beispiele aus der Praxis den eigenen Charakter jedes Ökodisplays skizzieren. In dieser Ausgabe: die Mangrove.
Burgers’ Mangrove ist in allen Details von unserem Naturschutzgebiet in Belize inspiriert, das mittlerweile mehr als 400 Quadratkilometer groß ist und Mangroven, Korallenriffe, tropischen Trockenwald und tropischen Regenwald umfasst. In Zusammenarbeit mit dem Schweizer Schmetterlingspark Papiliorama unterstützen wir dieses Naturschutzprojekt inzwischen seit mehr als 30 Jahren mit Erfolg. In unserem Ökodisplay Mangrove lernen die Besucher die schönen, gefährdeten Ökosysteme Mangrove und tropischer Trockenwald auf eine anschauliche, lebendige Art und Weise kennen. In diesem Sinne ist Burgers’ Mangrove ein echter Botschafter für unser Naturschutzprojekt in Mittelamerika.
Die Temperatur in der Mangrove schwankt zwischen 24 und 28 Grad Celsius. Das Ökodisplay muss im Jahresverlauf also sowohl geheizt als auch gekühlt werden. Dafür nutzen wir eine Wärme-Kälte-Speicheranlage, die uns beträchtliche Energieeinsparungen ermöglicht. Im Sommer speichern wir unterirdisch überschüssige Wärme, die wir im Winter wieder hochpumpen. Im Winter geschieht dasselbe mit Kälte, die wir im Sommer wiederum zur Kühlung nutzen. Künstliches Licht setzen wir ausschließlich im Becken der Mangrovenquallen ein, weil für die einzelligen Algen, mit denen die Quallen in Symbiose leben, in den dunklen Wintermonaten das natürliche Licht nicht ausreicht. In der Natur ist die Luftfeuchtigkeit in Mangrovengebieten wegen der Nähe zu Meer, des feuchten Schlamms und der hohen Umgebungstemperatur stets hoch. Einen solchen feuchtwarmen Lebensraum schaffen wir in Burgers’ Mangrove durch große Wasserflächen, die Beheizung des Ökodisplays und den Einsatz einer Nebelmaschine. Nachts lassen wir es in der Mangrove regnen: Sie wird mit Wasser aus Rohren, die in das Kuppeldach eingelassen sind, besprüht. Die Schlammfläche der Winkerkrabben und das Quallenbecken werden dabei ausgespart, um den dortigen Salzgehalt nicht zu stark zu verändern.
Wir haben in unserer Mangrove einen Salzwasser- und einen Süßwasserbereich. Das Becken, in dem die Seekühe leben, enthält Süßwasser, während sich in der Schlammfläche für die Winkerkrabben und auch im Becken der Mangrovenquallen Salzwasser befindet. Der Luftraum wird von Vögeln und unzähligen bunten Schmetterlingen bevölkert. Eine der Herausforderungen in der Mangrove besteht darin, ein Gleichgewicht zwischen Vögeln und Schmetterlingen zu finden: Schließlich sollen die Vögel nicht zu viele Schmetterlinge fangen. Wir müssen also die Vogelarten, die für dieses Ökodisplay geeignet sind, sehr sorgfältig auswählen. Gleichzeitig darf eine Vogelart auch keine Fische oder Krabben fressen. Bei der Auswahl, die wir treffen, kommen also zahlreiche Vogelarten nicht infrage. Aber auch bei den Süßwasserfischen sind gründliche Überlegungen notwendig, um ein Gleichgewicht zu schaffen. Wir halten hier drei Arten von Raubfischen: den Gemeinen Knochenhecht, einen lebendgebärenden Zahnkarpfen (den Hechtkärpfling, Belonesox belizanus) und eine bestimmte Buntbarschart (Petenia splendida). Alle drei sollen Jungfische fangen, damit insbesondere bei den verschiedenen Buntbarscharten die Anzahl der Exemplare nicht zu stark in die Höhe schnellt.
Wie in anderen Ökodisplays im Burgers’ Zoo bilden auch in der Mangrove die Pflanzen die Grundlage für den Lebensraum. Wir haben die größte Sammlung von Mangrovenpflanzen in Europa. Um zu überleben, müssen Mangrovenpflanzen extremen, lebensfeindlichen Bedingungen standhalten: dem regelmäßigen Wechsel von Salz- und Süßwasser bei gleißendem Sonnenschein. Daher haben viele dieser Pflanzen Techniken entwickelt, um Salz auszuscheiden, und besitzen zum Schutz gegen die Sonne dicke, ledrige Blätter. Von den Hunderttausenden Pflanzenarten auf der Welt kommen wegen der extremen Lebensbedingungen nur ein paar Dutzend in Mangrovengebieten vor.
Die Seekühe und Schmetterlinge haben sich zu wahren Publikumslieblingen entwickelt, aber auch die Winkerkrabben mit ihrem lebhaften, bemerkenswerten Verhalten kommen bei unseren Besuchern gut an. In ihrem Lebensraum in unserem Zoo imitieren wir Ebbe und Flut, und bei Ebbe sind die Krabben besonders aktiv. Am frühen Nachmittag ist deshalb für Zoobesucher die Chance am größten, tatsächlich winkende Winkerkrabben zu sehen. Allerdings ist das Auftreten dieses Verhaltens bis zu einem gewissen Grad auch von der Jahreszeit abhängig. Die Schmetterlinge halten sich in erster Linie im tropischen Trockenwald auf, wo sie Nektarpflanzen, aber auch verschiedene Wirtspflanzen vorfinden. Fast jede Schmetterlingsart hat ihre eigene bevorzugte Wirtspflanze, auf der sie ihre Eier ablegt und von deren Blättern sich die Raupen ernähren. In manchen Fällen sind die Schmetterlingsarten sogar nach den Wirtspflanzen benannt, beispielsweise bei den Passionsblumenfaltern.
Eine Zeichnung für die Mangrove
Für die Gestaltung von Burgers’ Mangrove ist unser Zoodesigner selbst in unser Projektgebiet in Belize gereist, hat dort zahlreiche Fotos gemacht und sich gründlich umgeschaut. Dabei hat er auch die typische Konstruktionsweise und Farbgebung von belizischen Bauwerken näher betrachtet. Wenn man unser Ökodisplay Mangrove als Besucher betritt, sieht man auf den ersten Blick nirgendwo Informationstafeln, obwohl es sie durchaus gibt. Wir haben sie jedoch bewusst nicht innerhalb der Sichtachsen aufgestellt, um das Erleben dieses Lebensraums möglichst wenig zu beeinträchtigen. Die Gewöhnungskäfige für Vögel und Reptilien sind geschickt in der Vegetation oder hinter einem Häuschen versteckt. Vor dem Haupteingang der Mangrove weht die Flagge von Belize und man geht über einen kleinen Platz darauf zu, der in karibischem Flair gestaltet ist.
An der Rangerstation am Eingang lädt Parkranger Silos die Besucher mithilfe einer Bildpräsentation ein, ihn auf eine Expedition durch die Mangrove zu begleiten. In der Halle selbst fallen verschiedene Landschaftselemente ins Auge, wie eine verwittert aussehende Brücke (die in Wirklichkeit nagelneu ist und nur entsprechend bearbeitet wurde), der Holzsteg, der sich zwischen den Mangroven hindurchschlängelt, die Veranda mit Aussicht auf die Schlammfläche mit den Krabben und auch der spezielle Puppenschrank für die Schmetterlingspuppen. Eine meterlange Glasscheibe ermöglicht einen großartigen Panoramablick in das Seekuhbecken. Und beim Verlassen der Mangrove entdecken Besucher Informationen über unser Naturschutzprojekt in Belize sowie die Möglichkeit in einem Money Spinner selbst einen kleinen Beitrag zu spenden, der unmittelbar diesem Projekt zugutekommt.
Was dem Ökodisplay Mangrove besonders gut gelingt, ist die Vermittlung eines konkreten Eindrucks von einer Weltregion, die für viele Besucher sehr weit entfernt und dadurch ziemlich abstrakt ist. In Burgers’ Mangrove jedoch kann man selbst erleben, wie außergewöhnlich die Tiere und die Natur in diesem Gebiet sind. Ein Ökodisplay wie die Mangrove eignet sich hervorragend dazu, in eine andere Welt einzutauchen und diese mit allen Sinnen zu erfahren. So tragen wir mit unserer Mangrove sowohl zur Sensibilisierung als auch zum aktiven Naturschutz in Belize selbst bei.
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