Für viele bedrohte Tierarten wurden europaweit Zuchtprogramme entwickelt, an denen alle Mitglieder der „Europäischen Vereinigung für Zoos und Aquarien“ (European Association of Zoos and Aquaria, EAZA) teilnehmen, die eine betreffende Tierart in ihrem Bestand haben. Die EAZA bezeichnet dieses Projekt als „Europäisches Erhaltungszuchtprogramm“, aber treffender wäre der Begriff „Europäisches Populationsmanagement-Programm für bedrohte Tierarten“. Schließlich geht es dabei um weitaus mehr als nur um die Zucht. In dieser Reihe analysieren wir am Beispiel einiger konkreter Tierarten, mit welchen Herausforderungen sich Biologen konfrontiert sehen. In dieser Ausgabe: das Erdferkel.
Erdferkel sind besondere Säugetiere: Es gibt sie seit Millionen von Jahren in mehr oder weniger gleicher Form. Im Tierreich haben sie keine wirklich nahen Verwandten. Elefanten, Seekühe und Klippschliefer kommen einer tierischen Verwandtschaft noch am nächsten. Die Tiere sind hauptsächlich nachts und in der Dämmerung aktiv und ernähren sich überwiegend von Termiten und Ameisen. Obwohl Erdferkel in freier Wildbahn nicht vom Aussterben bedroht sind, gibt es nur wenige Erdferkel in Zoos. Der Burgers’ Zoo koordiniert seit vielen Jahren erfolgreich das europäische Populationsmanagement-Programm für diese Art und hat bereits viel Erfahrung bei der Zucht dieser Tiere gesammelt.
In Arnheim besteht der Speiseplan der Erdferkel aus Hundefutter, Hackfleisch, gemahlenem Obst, Mehlwürmern und einigen ergänzenden Vitaminen und Mineralien. Mit lauwarmem Wasser wird daraus eine Art Brei zubereitet, den die Tiere eifrig verschlingen.
Erdferkel sind nicht ganz einfach in der Haltung, da sie hohe Ansprüche an ihre Umgebung und ihre Futterversorgung stellen. In Arnheim sind sie in einem Gehege im Ökodisplay Bush beheimatet, dem überdachten tropischen Regenwald. In freier Wildbahn sind Erdferkel sowohl in der afrikanischen Savanne, als auch an den Rändern des afrikanischen Regenwalds anzutreffen. Tagsüber ruhen sie meist in selbstgegrabenen Höhlen, die bis zu mehreren Metern tief sein können. Wenn sich ein Erdferkel bedroht fühlt, kann es innerhalb von Minuten unter heftigem Graben in der Erde verschwinden.
Zum Zeitpunkt der Entstehung dieses Artikels leben 66 Erdferkel in 27 verschiedenen europäischen Zoos. Darüber hinaus gibt es viele Anfragen von Zoos, die diese Art ebenfalls aufnehmen wollen. In den Niederlanden gibt es Erdferkel nur im Burgers’ Zoo. Von den 66 Erdferkeln in Europa sind 25 Männchen und 41 Weibchen. Zurzeit leben drei Erdferkel in Arnheim: zwei weibliche Tiere und ein männliches. Eines der Weibchen ist noch recht jung und wurde in der Hoffnung in den Burgers’ Zoo aufgenommen, dass es hier Nachwuchs zeugen wird.
Was ist die größte Herausforderung bei der Zucht von Erdferkeln? Wenn ein Ferkel geboren wird, ist es sehr verletzlich. Zuerst muss es die Zitzen der Mutter rechtzeitig finden, um zu trinken. Ist dies geglückt, besteht jedoch weiterhin die Gefahr, dass sich die Mutter versehentlich auf ihr eigenes Baby legt, wenn sie sich im Schlaf umdreht. Vor allem, wenn das Jungtier noch sehr klein ist, kann es dadurch ersticken. Die Sterblichkeitsrate bei neugeborenen Erdferkeln ist daher recht hoch. Aus diesem Grund nehmen die Tierpflegerinnen und Tierpfleger das frisch geborene Jungtier in ihre Obhut, bis es groß und stark genug ist, um nicht vom Körper seiner Mutter erdrückt zu werden. Abhängig davon, wie erfahren und ruhig die Mutter und wie agil das Jungtier ist, wird das junge Erdferkel von den Pflegern mit nach Hause genommen. Letzteres kann auch vom Geburtsgewicht des Ferkels abhängen.
Kommt ein Jungtier mit nach Hause, setzen die Pfleger es tagsüber bei der Mutter ab und legen es zu festen Zeiten auch an ihre Zitzen, damit es möglichst viel trinkt und sich auf natürliche Weise entwickeln kann. Wenn ein Junges an den Zitzen liegt, bedeutet dies jedoch nicht, dass es auch trinkt. Bis Milch in die Zitzen einschießt, kann es manchmal recht lange dauern und dafür muss das Junge richtig arbeiten. Die Tierpfleger befühlen die Kehle, um Schluckbewegungen festzustellen, und achten vor allem in den ersten zehn Tagen darauf, dass das Jungtier alle vier Zitzen der Mutter leer trinkt. Schließlich fließt an jeder Zitze nur für wenige Minuten Muttermilch.
Sobald das Jungtier groß und kräftig genug ist, bleibt es auch nachts bei seiner Mutter im Gehege und die zusätzliche Hilfe der Tierpfleger ist nicht mehr nötig. Die Pfleger wiegen das Jungtier jedoch noch eine ganze Weile, sowohl vor als auch unmittelbar nach dem Säugen. Auf diese Weise messen sie, wie viel Muttermilch das Ferkel beim Trinken aufgenommen hat und ob dies nach der normalen Wachstumskurve junger Erdferkel ausreichend ist.
Dank dieser besonderen Sorgfalt und Aufmerksamkeit kann der Burgers’ Zoo auf eine erfolgreiche Zuchtgeschichte der Erdferkel zurückblicken. Dabei erlangtes Wissen und Erfahrung werden gerne und regelmäßig mit Kolleginnen und Kollegen weltweit geteilt. Denn eine gesunde und genetisch vielfältige Zoopopulation ist natürlich im Interesse eines jeden Zoos, der diese besondere Art in seinem Bestand hat.
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