Im Burgers’ Zoo gibt es nur wenige Tierarten, die ihren natürlichen Lebensraum in der Kälte und im Schnee haben. Sogar die Pinguine im Burgers’ Zoo leben eigentlich in Südafrika und können auf Kälte gut verzichten! Lediglich die Ringelrobbe und das Waldrentier sind strenge Winter gewohnt. In diesem Artikel schauen wir uns an, wie Waldrentiere sich der Kälte anpassen.
In Nordeuropa gibt es unzählige Hausrentiere. Sie leben oftmals halbdomestiziert. Die Saami-Hüter aus Skandinavien profitieren von einer großen Anzahl an Produkten, die diese Tiere ihnen liefern: Fleisch, Fell, Knochen, Leder und Milch … Außerdem benutzen die Saami die Trag- und Zugkraft ihrer Hausrentiere, indem sie sie vor einen Wagen oder einen Schlitten spannen. Das sollte man mit einem Waldrentier auf keinen Fall versuchen! Diese vom Aussterben bedrohte Rentierart aus Ostfinnland und Russland, findet man auch im Burgers’ Zoo. Waldrentiere haben einen starken, eigensinnigen Charakter und sind eindeutig nicht dazu geeignet, den Schlitten des Weihnachtsmannes zu ziehen!
Ein Waldrentier, auch Waldren, ist schmaler als ein Hausrentier (schließlich wurden diese gezielt gezüchtet, um mehr Fleisch zu liefern) und es besitzt deutlich längere Beine. Die langen Beine sind wichtig, um im tiefen, weichen Schnee gut voranzukommen. Die breiten Hufe funktionieren dabei wie Schneeschuhe und verteilen das Körpergewicht auf eine größere Fläche. Die Hufe passen sich zudem den Jahreszeiten an. Im Herbst und im Winter werden sie härter und bekommen scharfe Ränder. Vermutlich kann das Waldren dadurch den Schnee besser wegschieben, um an Nahrung zu gelangen!
Rentiere haben ein dicht behaartes Gesicht, sogar die Lippen sind fast komplett mit langen Haaren bedeckt, die rund ums Maul wachsen. Der Kopf eines Rentiers ist lang gezogen, und auch die Nasenhöhle ist lang und mit großen, stark verzweigten Nasenmuscheln ausgestattet. Die Rentiere können damit die kalte, einströmende Luft viel besser erwärmen, und beim Ausatmen wird der ausströmenden Luft die Wärme und die Feuchtigkeit entzogen. Aus diesem Grund ist die Atemluft von Rentieren ziemlich trocken, sodass man bei Kälte fast keine Dampfwolken vor ihren Nasen sieht.
Wenn es genügend Futter gibt, mögen Rentiere am liebsten pflanzliche Nahrung, wie zum Beispiel junge Blätter oder frisches Gras. Im Winter jedoch, wenn das Futter knapp wird, ernähren sie sich hauptsächlich von Flechten. Die dürren und trockenen Flechten (biologisch gesehen handelt es sich um eine Symbiose zwischen Grünalgen und Pilzen) können die Rentiere, dank ihres ausgeprägten Geruchssinns, selbst unter einer dicken Schneedecke aufspüren. Sie essen dazu Schnee, der ihnen als Trinkwasserquelle dient.
Rentiere sind, soweit bisher bekannt, die einzigen Säugetiere, die über vier verschiedene Rezeptoren zum Erkennen von Farben verfügen. Neben den Rezeptoren die rotes, grünes und blaues Licht erkennen, haben sie noch einen weiteren Zapfen, der der Wahrnehmung von ultraviolettem Licht dient! Das vereinfacht das Sehen von UV-absorbierenden Stoffen, die in einer weißen Landschaft tiefschwarz erscheinen. Bei diesen Stoffen handelt es sich zum Beispiel um Urin oder Tierfelle. Das Rentier erhält somit wichtige Informationen, denn es kann dadurch schnell erkennen, ob sich Artgenossen oder Raubtiere in der Nähe aufhalten. Auch Flechten, ihre Hauptnahrungsquelle im Winter, sind für die Rentiere gut sichtbar, denn sie erkennen das Futter als kohlrabenschwarze Flecken in der weißen Umgebung.
Die Waldrentiere hier im Tierpark haben mit dem niederländischen Winter natürlich keine Probleme. Sie benötigen in der kalten Jahreszeit auch keinen geheizten Stall. Ihnen reicht ein einfaches Dach über dem Kopf, damit sie sich bei Regen unterstellen können. Leiden diese Tiere dann möglicherweise unter den warmen Temperaturen im Sommer? Nein, Waldrentiere können die Hitze ebenso gut vertragen, wie unsere Hausrinder oder viele afrikanische Huftiere. Temperaturen bis zu 35 Grad sind für die Tiere völlig unproblematisch. Sie kühlen ihre Körper ab, indem sie mehr Flüssigkeit zu sich nehmen und mehr atmen. Das Verdampfen des Atems kühlt dabei wiederum das Blut in den Blutgefäßen. Die Rentiere sollten bei Hitze allerdings keinem Stress oder schweren, körperlichen Anstrengungen ausgesetzt werden. Der Transport eines Rentiers würde deshalb niemals im Sommer stattfinden. Das Futter der Rentiere besteht bei uns aus Heu, Ästen und Blättern, Spezialfutter für Pflanzenfresser und dazu noch Möhren, Kleie und Zuckerrübenschnitzel. Diese Auswahl ist eindeutig leckerer als das, was Rentiere im Winter in freier Wildbahn auf dem Menüplan vorfinden!
Im Burgers’ Zoo lebt eine Waldren-Zuchtherde. Für diese Tierart gibt es ein europäisches Zuchtprogramm (EEP). Normalerweise kämpfen die erwachsenen, männlichen Tiere während der Brunftzeit im Herbst ziemlich heftig miteinander. Das einzige erwachsene Waldren-Männchen im Burgers‘ Zoo hat keine Konkurrenz zu befürchten, trotzdem war es in der Brunftzeit seinen Hormonen ausgesetzt. Das männliche Waldren konnte nicht von seinen Artgenossinnen lassen und wurde selbst für die Tierpfleger schwer zu bändigen. Aus Sicherheitsgründen musste ihm das Geweih abgesägt werden, und daraufhin kehrte in der Herde wieder Ruhe ein!