Für eine Reihe von Tierarten bestehen Auswilderungsprojekte: Tiere, die in Zoos geboren wurden, werden unter der Aufsicht eines Biologen-Teams wieder in freier Wildbahn angesiedelt. Dies geschieht – in der Regel, wenn die Tiere noch jung sind – in Gebieten, die zum ursprünglichen Lebensraum der Art gehören, in denen das Tier jedoch lokal ausgestorben oder sein Bestand drastisch zurückgegangen ist. Oft sind Wiederansiedlungsprojekte viel aufwendiger, als es klingt, aber wenn es möglich und zu verantworten ist, arbeiten wir als Zoo sehr gerne daran mit. Tiere in ihrem angestammten Lebensraum wieder heimisch zu machen, ist eine Aufgabe, an der wir uns nicht nur bei Projekten in fernen Ländern beteiligen, sondern auch vor der eigenen Haustür. In dieser Ausgabe geht es um die Rückkehr von Fischotter und Biber in die Niederlande.
Heute können wir es uns kaum noch vorstellen, aber lange Zeit war in den gesamten Niederlanden kein einziger Fischotter oder Biber mehr zu finden. Im Jahr 1826 wurde der letzte wilde Biber am Fluss IJssel gefangen und erschlagen. Von diesem traurigen Moment an war der Biber in den Niederlanden offiziell ausgestorben. Der Fischotter hielt etwas länger durch, aber wegen hartnäckig aufrechterhaltener Vorurteile – Fischotter sollten beispielsweise ganze Flüsse leer fischen und damit die Lebensgrundlage der niederländischen Fischer bedrohen – wurden die Tiere bis in die 1960er Jahre hinein intensiv bejagt. Der letzte Fischotter wurde 1989 in der Provinz Friesland überfahren. Von da an war auch der Fischotter in den Niederlanden offiziell ausgestorben.
Zum Glück setzte sich in den Niederlanden allmählich das Bewusstsein durch, dass der Biber (und später auch der Fischotter) in unser Land zurückkehren sollte, sodass 1988 ein Wiederansiedlungsprojekt für den nagenden Baumeister ins Leben gerufen wurde. In der Zeit zwischen 1988 und 1991 setzte man Biberpaare im heutigen Nationalpark De Biesbosch aus, die aus dem Elbe-Gebiet in der früheren DDR stammten. Nach dieser erfolgreichen Wiederansiedlung wurden 1994 auch im Naturschutzgebiet Gelderse Poort in der Provinz Gelderland Biber ausgesetzt.
Der Veterinär unseres Tierparks, Henk Luten, hat im Rahmen seiner Mitwirkung an diesem Projekt alle ostdeutschen Biber im Vorfeld medizinisch untersucht und mit einem Sender ausgestattet. Neben seiner Tätigkeit im Burgers’ Zoo ist Henk Luten nämlich auch der ständige Tierarzt des Forschungsinstituts Wageningen Environmental Research (Alterra). Diese wissenschaftliche Organisation widmet sich der interdisziplinären, unabhängigen Forschung für den Erhalt einer artenreichen, nachhaltigen Umwelt. Der Tierarzt erinnert sich noch gut, wie messerscharf die meißelförmigen Vorderzähne der Nagetiere waren: „Ein Skalpell ist nichts dagegen!“ Ohnehin sind es für ihn spektakuläre, charismatische Tiere: Mit einer Kopf-Rumpf-Länge von nicht weniger als 70 bis 100 Zentimetern und einem Gewicht von bis zu 30 Kilogramm sind Biber die größten Nagetiere Europas.
Im Jahr 2002 war es auch für den Fischotter an der Zeit, in die Niederlande zurückzukehren. Von dieser Tierart wurden ebenfalls aus Osteuropa mehrere Paare hierher umgesiedelt. Beide Projekte – sowohl die Wiederansiedlung des Bibers als auch die des Fischotters – wurden von der Universität Wageningen (Alterra) durchgeführt und standen unter strenger Aufsicht des dortigen Ausschusses für Tierversuche (DEC). Die Fischotter wurden von Henk Luten gechipt, mit einem Sender ausgestattet und schließlich im Nationalpark De Weerribben-Wieden freigelassen. Ebenso wie zuvor bei den Bibern unterstützte der Burgers’ Zoo das Projekt, indem er seinen Operationssaal kostenlos zur Verfügung stellte und die Tiere vorübergehend in Arnheim aufnahm, bis sie in die freie Wildbahn entlassen werden konnten.
Inzwischen geht es dem Biber und dem Fischotter in den Niederlanden wieder gut! Ende 2019 wurde die Gesamtzahl der hiesigen Biber auf 3500 Tiere geschätzt. In fast allen Provinzen unseres Landes sind inzwischen wieder Biber gesichtet worden, aber besonders viele von ihnen gibt es in Gelderland, Limburg, nicht Nord-Brabant und Süd-Holland und Flevoland. Im Jahr 2020 wurde die Zahl der Fischotter in den Niederlanden auf 450 geschätzt, während es ein Jahr zuvor noch 360 gewesen waren. Auch die Fischotter-Population wächst also glücklicherweise schnell. Inzwischen hat sich der Fischotter in einem großen Teil der nordöstlichen Niederlande ausgebreitet. Die Tiere bewegen sich über Wassergräben und Kanäle, teils auch über Land, fort und werden auf diese Weise ihr Verbreitungsgebiet noch erweitern. Auch in diesem Praxisbeispiel zeigt sich, wie ein Tierpark aktiv zu erfolgreichen Wiederansiedlungsprojekten beitragen kann: diesmal sogar im eigenen Land!
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